10# vs 20# – Zusammensetzung, Wärmebehandlung, Eigenschaften und Anwendungen

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Einführung

10# und 20# sind zwei weit verbreitete unlegierte Kohlenstoffstahlgüten in der Fertigung und im Bauwesen, die häufig in chinesischen und regionalen Lieferketten spezifiziert werden. Ingenieure, Einkaufsleiter und Fertigungsplaner wägen häufig die Kompromisse zwischen Kosten, Schweißbarkeit, Formbarkeit und Festigkeit ab, wenn sie zwischen ihnen auswählen. Typische Entscheidungskontexte umfassen, ob ein Bauteil hohe Duktilität und einfaches Fügen erfordert (was die Option mit niedrigerem Kohlenstoff begünstigt) oder höhere Festigkeit und Verschleißfestigkeit (was die Option mit höherem Kohlenstoff begünstigt).

Der primäre technische Unterschied zwischen diesen Güten ist ihr Kohlenstoffgehalt: die niedrigere Kohlenstoffgüte ergibt ein weicheres, duktileres Material mit überlegener Schweißbarkeit und Umformverhalten, während die höhere Kohlenstoffgüte die Festigkeit und Härtbarkeit auf Kosten von etwas Duktilität und Schweißbarkeit erhöht. Da beide unlegierte Kohlenstoffstähle mit ähnlichen Spurenelementen sind, werden sie häufig für Teile verglichen, die eine Balance zwischen Zerspanbarkeit, Wärmebehandlungsreaktion und Kosten erfordern.

1. Standards und Bezeichnungen

  • GB (China): 10# und 20# sind konventionelle Bezeichnungen für unlegierte Kohlenstoffstähle in chinesischen Standards (häufig in GB/T Produktspezifikationen verwendet).
  • JIS (Japan): Entsprechende nominale Güten in JIS verwenden numerische, kohlenstoffbasierte Namen (z.B. S10C, S20C sind gängige vergleichbare Güten).
  • ASTM/ASME: US-Standards verwenden in der Regel A36, A106 oder SAE-Gütenomenklatur; direkte Eins-zu-eins-Entsprechungen existieren nicht immer, da ASTM-Güten mechanische Eigenschaftsanforderungen spezifizieren, anstatt einfache „10#“-Bezeichnungen zu verwenden.
  • EN (Europa): EN-Güten klassifizieren Stähle nach chemischen und mechanischen Anforderungen (z.B. C10, C20 sind konzeptionell vergleichbar, müssen jedoch gegengeprüft werden).
  • Klassifikation: Sowohl 10# als auch 20# sind unlegierte Kohlenstoffstähle (nicht legiert, nicht rostfrei, nicht HSLA, nicht Werkzeugstähle). Sie werden typischerweise als niedriglegierte (10#) und mittel-niedriglegierte (20#) Stähle in der Fertigung verwendet.

2. Chemische Zusammensetzung und Legierungsstrategie

Element Typischer Bereich für 10# (ca.) Typischer Bereich für 20# (ca.)
Kohlenstoff (C) 0.06–0.12 Gew% 0.17–0.24 Gew%
Mangan (Mn) 0.25–0.60 Gew% 0.25–0.65 Gew%
Silizium (Si) 0.02–0.35 Gew% 0.02–0.35 Gew%
Phosphor (P) ≤ 0.035 Gew% (max) ≤ 0.035 Gew% (max)
Schwefel (S) ≤ 0.035 Gew% (max) ≤ 0.035 Gew% (max)
Chrom (Cr) typischerweise ≤ 0.30 Gew% typischerweise ≤ 0.30 Gew%
Nickel (Ni) typischerweise ≤ 0.30 Gew% typischerweise ≤ 0.30 Gew%
Molybdän (Mo) typischerweise ≤ 0.08 Gew% typischerweise ≤ 0.08 Gew%
Vanadium (V) Spuren, falls vorhanden Spuren, falls vorhanden
Niob (Nb) Spuren, falls vorhanden Spuren, falls vorhanden
Titan (Ti) Spuren, falls vorhanden Spuren, falls vorhanden
Bor (B) nicht typischerweise hinzugefügt nicht typischerweise hinzugefügt
Stickstoff (N) Spuren Spuren

Hinweise: Dies sind typische Zusammensetzungsfenster für konventionelle kommerzielle 10# und 20# unlegierte Kohlenstoffstähle; Produktstandards und Hersteller können leicht unterschiedliche Grenzen festlegen. Die Legierungsstrategie für beide Güten konzentriert sich auf niedrige Gehalte an Legierungselementen: Kohlenstoff bestimmt überwiegend die Festigkeit und Härtbarkeit, Mangan modifiziert die Festigkeit und Deoxidation, und Silizium ist ein Deoxidationsmittel, das die Festigkeit leicht erhöht.

Wie sich die Legierung auf die Eigenschaften auswirkt: - Kohlenstoff: primäre Kontrolle der Zugfestigkeit, Härte und Härtbarkeit; höherer Kohlenstoff erhöht die Festigkeit und Verschleißfestigkeit, verringert jedoch die Duktilität und Schweißbarkeit. - Mangan: erhöht die Zugfestigkeit, Härtbarkeit und Zugzähigkeit; mildert die schädlichen Auswirkungen von Schwefel (bildet MnS). - Silizium: geringfügige Festigkeitssteigerung durch Festkörperlösung und Deoxidationsmittel; übermäßiges Si kann die Oberflächenqualität in einigen Prozessen beeinträchtigen. - Spurenelemente (Cr, Ni, Mo): wenn sie in kleinen Mengen vorhanden sind, erhöhen sie geringfügig die Härtbarkeit und Festigkeit, sind jedoch nicht charakteristisch für diese Güten.

3. Mikrostruktur und Wärmebehandlungsreaktion

Typische Mikrostrukturen: - 10#: Im gewalzten oder normalisierten Zustand ist die Mikrostruktur überwiegend Ferrit mit einer feinen Dispersion von Perlit. Der niedrige Kohlenstoffgehalt begrenzt den Perlitanteil und verhindert große Mengen Martensit nach moderaten Abkühlraten. - 20#: Höherer Kohlenstoffgehalt erzeugt einen größeren Perlitanteil im gewalzten Zustand und erhöht das Potenzial zur Bildung von Martensit oder Bainit bei schnellerer Abkühlung oder Abschrecken.

Wärmebehandlungsreaktionen: - Glühen/Vollglühen: Beide Güten werden weicher, reduzieren Restspannungen und erzeugen grobe Ferrit-Perlit-Gemische. 10# erreicht einen weicheren Zustand leichter und schneller aufgrund des niedrigeren Kohlenstoffs. - Normalisieren: Produziert eine feinere Ferrit-Perlit-Mikrostruktur und verbesserte Zähigkeit im Vergleich zum gewalzten Zustand; kommt beiden Güten zugute, führt jedoch zu höheren normalisierten Festigkeiten für 20# aufgrund seines höheren Kohlenstoffs. - Abschrecken und Anlassen (Q&T): 20# reagiert stärker auf Q&T, da sein höherer Kohlenstoff und die marginal höhere Härtbarkeit die Entwicklung höherfester martensitischer Strukturen nach dem Abschrecken und kontrollierten Anlassen ermöglichen. 10# hat eine begrenzte Härtbarkeit – die gleichmäßige Erzeugung von hochharten Martensit ist schwieriger und typischerweise nicht wirtschaftlich. - Thermo-mechanische Bearbeitung: Kontrolliertes Walzen und beschleunigte Abkühlung können die Festigkeit für beide Güten erhöhen; der Kohlenstoffgehalt bestimmt die erreichbare Kombination aus Festigkeit und Zähigkeit.

4. Mechanische Eigenschaften

Eigenschaft (typisch, verarbeitungsabhängig) 10# (ca. Bereiche) 20# (ca. Bereiche)
Zugfestigkeit (MPa) ~320–470 ~380–540
Streckgrenze (MPa) ~140–310 ~200–370
Elongation (%) ~20–40 ~12–30
Schlagzähigkeit (Charpy-V-Kerbe, J) generell höher bei niedriger Temperatur für 10# (verarbeitungsabhängig) niedriger als 10# bei gleicher Behandlung, kann jedoch durch Verarbeitung verbessert werden
Härte (HB oder HRC) niedriger im nominalen Zustand (weicher) höher im nominalen Zustand (härter)

Hinweise: Werte sind indikativ und stark von der Produktform (Platte, Stange, Draht), Dicke und thermisch-mechanischer Geschichte beeinflusst. Im Allgemeinen zeigt 20# höhere Zug- und Streckgrenzen aufgrund seines höheren Kohlenstoffgehalts und des größeren Perlitanteils; 10# bietet eine größere Duktilität und typischerweise eine überlegene Zähigkeit bei niedrigen Temperaturen, wenn ähnlich verarbeitet.

Interpretation: - Festigkeit: 20# > 10# aufgrund höheren Kohlenstoffs und erhöhtem Perlit-/mikrostrukturellem Verstärkung. - Zähigkeit/Duktilität: 10# > 20# unter vergleichbaren Bedingungen, da niedrigerer Kohlenstoff spröde Phasen reduziert und mehr Ferrit ermöglicht. - Härte/Verschleißfestigkeit: 20# typischerweise härter und besser für verschleißanfällige Teile nach minimaler Wärmebehandlung.

5. Schweißbarkeit

Die Schweißbarkeit von Kohlenstoffstählen hängt hauptsächlich vom Kohlenstoffgehalt, dem äquivalenten Kohlenstoff (Härtbarkeit) und den Restelementen ab. Zwei häufig verwendete empirische Indizes sind das IIW-Kohlenstoffäquivalent und der Pcm-Parameter:

$$CE_{IIW} = C + \frac{Mn}{6} + \frac{Cr+Mo+V}{5} + \frac{Ni+Cu}{15}$$

$$P_{cm} = C + \frac{Si}{30} + \frac{Mn+Cu}{20} + \frac{Cr+Mo+V}{10} + \frac{Ni}{40} + \frac{Nb}{50} + \frac{Ti}{30} + \frac{B}{1000}$$

Qualitative Interpretation: - 10# wird ein niedrigeres $CE_{IIW}$ und $P_{cm}$ aufgrund des niedrigeren Kohlenstoffs haben, was allgemein eine hervorragende Schweißbarkeit mit geringen Vorwärm-Anforderungen und minimalem Risiko von Kaltverzug anzeigt, wenn geeignete Verfahren verwendet werden. - 20# hat einen höheren Kohlenstoff, was $CE_{IIW}$ und $P_{cm}$ erhöht und somit das Risiko der martensitischen Härtung im wärmebeeinflussten Bereich (HAZ) erhöht. Für dickere Abschnitte oder restriktive Verbindungen können Vorwärmen, kontrollierte Zwischenpass-Temperaturen und geeignete Nachschweißwärmebehandlungen (PWHT) empfohlen werden. - Mikrolegierung und höheres Mangan beeinflussen die Härtbarkeit moderat; jedoch enthalten diese unlegierten Güten selten genügend Legierung, um die Schweißverfahren über die durch den Kohlenstoffgehalt und die Abschnittsdicke bestimmten hinaus drastisch zu ändern.

Best Practice: Verwenden Sie eine niedrigere Wärmezufuhr und kontrollierte Abkühlung für 20# in dickeren Abschnitten und geben Sie Vorwärmen oder PWHT gemäß den Schweißverfahrensspezifikationen an, wenn die Kohlenstoffäquivalenzschwellen überschritten werden.

6. Korrosion und Oberflächenschutz

  • Sowohl 10# als auch 20# sind nicht rostfreie Kohlenstoffstähle; die intrinsische Korrosionsbeständigkeit ist begrenzt und zwischen den Güten ähnlich. Die Auswahl zwischen ihnen sollte die Notwendigkeit von Schutzmaßnahmen in korrosiven Umgebungen annehmen.
  • Typische Minderung: Verzinkung, Schutzbeschichtungen (Farben, Pulverbeschichtung), Beschichtung oder anwendungsspezifische Inhibitoren. Für Außenbauteile sind Feuerverzinkung oder robuste Beschichtungssysteme üblich.
  • PREN (Pitting Resistance Equivalent Number) ist für unlegierte Kohlenstoffstähle nicht anwendbar; es ist relevant für rostfreie Güten:

$$\text{PREN} = \text{Cr} + 3.3 \times \text{Mo} + 16 \times \text{N}$$

  • Korrosionszulagen, kathodischer Schutz und die Auswahl des Beschichtungssystems sollten auf der Umgebung, der erwarteten Lebensdauer und dem Inspektionsregime basieren, anstatt auf kleinen Unterschieden in der Zusammensetzung zwischen 10# und 20#.

7. Verarbeitung, Zerspanbarkeit und Formbarkeit

  • Schneiden und Bearbeiten: 20# ist härter und erfordert typischerweise höhere Schneidkräfte und kann die Werkzeuglebensdauer im Vergleich zu 10# verringern. Die Unterschiede sind jedoch für den niedriglegierten Bereich moderat; die Werkzeugstrategien und -geschwindigkeiten sollten an den erhöhten Kohlenstoffgehalt angepasst werden.
  • Umformen und Biegen: 10# ist überlegen beim Kaltumformen, Tiefziehen und engen Biegen aufgrund höherer Duktilität. 20# ist anfälliger für Rückfederung und erfordert größere Biegeradien oder mehr Kraft.
  • Fügen und Befestigen: 10# lässt sich einfacher kaltgewinde und durch Schweißen verbinden; 20# ermöglicht hochfeste Befestigungen, kann jedoch eine Nachbehandlung nach dem Fügen in kritischen, hochfesten Anwendungen erfordern.
  • Oberflächenveredelung: Beide Güten akzeptieren typische Veredelungsoperationen (Schleifen, Polieren, Beschichten); 20# kann eine höhere Kaltverfestigung aufweisen, die die endgültige Oberflächenqualität bei sehr engen Toleranzen beeinflusst.

8. Typische Anwendungen

10# (niedriger Kohlenstoff) 20# (höherer Kohlenstoff)
Kaltgeformte Komponenten, allgemeine Strukturteile, Innenverkleidungen von Fahrzeugen, leichte Halterungen, geschweißte Baugruppen, bei denen Duktilität und Schweißbarkeit wichtig sind Wellen, Achsen, Bolzen, Schrauben (wo höhere Festigkeit oder Verschleißfestigkeit benötigt wird), Strukturteile mit höheren Lastanforderungen, Maschinenbauteile, die von härtbarem Stahl profitieren
Niedrigbelastete Wellen, genietete oder geschraubte Verbindungen, Niederdruckrohre (nicht kritisch) Teile, die für die Wärmebehandlung zur Festigkeitssteigerung vorgesehen sind (abgeschreckt/angelassen oder normalisiert)
Gezogene Drähte, geformte Rohre, Befestigungen, die signifikantes Umformen erfordern Verschleißanfällige Teile (nach geeigneter Wärmebehandlung), mittelstarke geschmiedete Komponenten

Auswahlbegründung: - Wählen Sie 10#, wenn Formbarkeit, Schweißen und Oberflächenveredelung Priorität haben und die Festigkeitsanforderungen moderat sind. - Wählen Sie 20#, wenn höhere Festigkeit in der Herstellungsweise oder die Möglichkeit zur Erhöhung der Festigkeit durch Wärmebehandlung erforderlich ist.

9. Kosten und Verfügbarkeit

  • Kosten: Beide Güten sind Handelswaren unlegierter Kohlenstoffstähle und gehören zu den kostengünstigsten Optionen. 10# ist typischerweise geringfügig günstiger aufgrund des niedrigeren Kohlenstoffs und der etwas einfacheren Verarbeitung, aber die Marktpreise werden von der Produktmischung der Stahlwerke und der Nachfrage bestimmt, nicht von den intrinsischen Kosten der Güte.
  • Verfügbarkeit: Beide sind weit verbreitet in Stangen, Rohren, Platten und Drahtformen. 10# und 20# haben umfangreiche Lieferketten in Regionen, die GB/JIS-Nomenklatur verwenden. Die Lieferzeiten sind normalerweise kurz für Standardgrößen; Spezialformen (großer Durchmesser, enge Toleranzstangen oder zertifizierte Millentestberichte) können die Kosten und die Lieferzeit erhöhen.

10. Zusammenfassung und Empfehlung

Attribut 10# 20#
Schweißbarkeit Ausgezeichnet (niedriger CE) Gut bis moderat (erfordert Vorwärmen/PWHT in dickeren Abschnitten)
Festigkeits-Zähigkeits-Balance Niedrigere Festigkeit, höhere Duktilität/Zähigkeit Höhere Festigkeit, weniger duktil, es sei denn, speziell verarbeitet
Relativer Preis Leicht niedriger oder vergleichbar Leicht höher oder vergleichbar

Empfehlungen: - Wählen Sie 10#, wenn Sie überlegene Formbarkeit, einfacheres Schweißen, höhere Duktilität, geringeres Risiko von HAZ-Rissen oder kostensensible Hochvolumenfertigung benötigen, bei der eine Nachbehandlung nach dem Schweißen unerwünscht ist. - Wählen Sie 20#, wenn Sie höhere Zug- und Streckgrenzen in der Herstellungsweise, verbesserte Verschleißfestigkeit oder die Möglichkeit benötigen, Bauteile auf höhere Festigkeitsniveaus zu wärmebehandeln, und der Fertigungsplan Vorwärmen, kontrollierte Abkühlung oder PWHT berücksichtigt.

Letzter Hinweis: Die Materialauswahl sollte die Bauteilgeometrie, die Abschnittsdicke, die erwarteten Betriebsbelastungen, die Verbindungsmethode und alle erforderlichen Nachbehandlungen nach der Herstellung berücksichtigen. Im Zweifelsfall sollten die Anforderungen an die Materialeigenschaften (Zugfestigkeit, Streckgrenze, Dehnung, Zähigkeit) und die Fertigungsbeschränkungen spezifiziert werden, anstatt nur den Güternamen anzugeben, und die Millenzertifikate oder qualifizierten metallurgischen Daten für kritische Anwendungen konsultiert werden.

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