Kornwachstum in der Stahlmikrostruktur: Auswirkungen auf Eigenschaften und Verarbeitung

Table Of Content

Table Of Content

Definition und Grundkonzept

Kornwachstum in Stahl bezieht sich auf den Prozess, bei dem einzelne kristalline Körner innerhalb der Mikrostruktur während thermischer Behandlungen, hauptsächlich bei erhöhten Temperaturen, an Größe zunehmen. Dies umfasst die Koaleszenz und Migration von Korngrenzen, die durch die Reduktion der gesamten Grenzenergie angetrieben werden, was zu größeren, gleichmäßigeren Körnern führt.

Auf atomarer Ebene wird das Kornwachstum durch die Bewegung der Korngrenzen – Schnittstellen, die Kristalle unterschiedlicher Orientierungen trennen – bestimmt, die auf Unterschiede in der Grenzenergie und -krümmung zurückzuführen sind. Diese Grenzen sind Bereiche atomarer Fehlanpassung und höherer Energie im Vergleich zum Inneren der Körner. Der Prozess verringert die gesamte Grenzfläche und damit die gesamte freie Energie der Mikrostruktur.

In der Stahlmetallurgie und Materialwissenschaft beeinflusst das Kornwachstum erheblich die mechanischen Eigenschaften wie Festigkeit, Zähigkeit und Duktilität. Es ist ein fundamentales Phänomen, das die mikrostrukturelle Stabilität, Prozessoptimierung und die Entwicklung gewünschter Stahlmerkmale während der Wärmebehandlung und Verarbeitung beeinflusst.

Physikalische Eigenschaften und Merkmale

Kristallografische Struktur

Die Mikrostruktur von Stahl besteht hauptsächlich aus kristallinen Phasen wie Ferrit (α-Fe), Austenit (γ-Fe), Zementit oder Martensit, die jeweils unterschiedliche kristallografische Anordnungen aufweisen. Das dominante Kristallsystem im ferritischen Stahl ist kubisch raumzentriert (BCC) mit Gitterkonstanten von etwa 2,87 Å, während Austenit eine kubisch flächenzentrierte (FCC) Struktur mit einer Gitterkonstanten von etwa 3,58 Å zeigt.

Korngrenzen sind Schnittstellen zwischen Kristallen mit unterschiedlichen Orientierungen, die durch Fehlorientierungswinkel und Grenztypen (z. B. Niedrigwinkel- vs. Hochwinkelgrenzen) gekennzeichnet sind. Diese Grenzen können kohärent oder inkohärent sein und beeinflussen deren Beweglichkeit während des Kornwachstums. Die kristallografischen Orientierungsbeziehungen, wie Kurdjumov–Sachs oder Nishiyama–Wassermann, beschreiben die bevorzugten Ausrichtungen zwischen Eltern- und transformierten Phasen, sind jedoch weniger direkt in die Dynamik des Kornwachstums involviert.

Morphologische Merkmale

Typischerweise sind Körner in Stahl äquaxt (ungefähr sphärisch in drei Dimensionen) oder länglich, abhängig von der Verarbeitungsgeschichte. Die Korngrößen können von submikron (weniger als 1 μm) in ultrafeinkörnigen Stählen bis zu mehreren Millimetern in grobkörnigen Strukturen reichen. Die Größenverteilung folgt oft einer log-normalen oder normalen Verteilung, wobei der durchschnittliche Kornradius als Schlüsselkriterium dient.

Unter optischer Mikroskopie erscheinen feine Körner als kleine, gleichmäßige polygonale Regionen, während größere Körner deutlichere Grenzen aufweisen. Die Elektronenmikroskopie zeigt detaillierte Grenzstrukturen, einschließlich Grenzfacettierung oder Zahnung, die die Grenzbeweglichkeit beeinflussen. Morphologisch führt das Kornwachstum zur Koaleszenz benachbarter Körner, was zu weniger, größeren Körnern mit glatteren Grenzverläufen führt.

Physikalische Eigenschaften

Die Korngröße hat direkten Einfluss auf die physikalischen Eigenschaften. Beispielsweise bleibt die Dichte von Stahl während des Kornwachstums im Wesentlichen unverändert, aber Eigenschaften wie elektrische Leitfähigkeit und magnetische Permeabilität sind betroffen. Größere Körner tendieren dazu, die magnetische Koerzitivkraft zu verringern und die magnetische Permeabilität zu erhöhen, was vorteilhaft in Transformatorstählen ist.

Die Wärmeleitfähigkeit kann mit der Korngröße zunehmen, da die Grenzstreuung von Phononen abnimmt. Umgekehrt beeinflusst die Dichte der Korngrenzen, die als Barrieren für die Beweglichkeit von Versetzungen wirken, die mechanische Festigkeit und Härte. Wenn Körner wachsen, verringert sich die gesamte Grenzfläche, was oft zu einer verringerten Festigkeit (gemäß der Hall-Petch-Beziehung) führt, aber Dye und Zähigkeit verbessert.

Bildungsmechanismen und Kinetik

Thermodynamische Basis

Kornwachstum wird thermodynamisch durch die Reduktion der gesamten Korngrenzenenergie angetrieben, die proportional zur Grenzfläche ist. Das System minimiert die freie Energie, indem es die gesamte Grenzlänge oder -fläche verringert und größere Körner mit niedrigerer Grenzkrümmung begünstigt.

Phasendiagramme und Überlegungen zur Phasenstabilität beeinflussen das Kornwachstum indirekt, insbesondere wenn Phasenübergänge gleichzeitig erfolgen. Zum Beispiel bestimmt die Stabilität der Phasen bei hohen Temperaturen in austenitischen Stählen, ob das Kornwachstum ungehindert voranschreitet oder durch sekundäre Phasen oder Ausscheidungen behindert wird.

Die Änderung der freien Energie (ΔG), die mit der Migration der Korngrenzen verbunden ist, kann ausgedrückt werden als:

ΔG = γ * ΔA

wobei γ die Grenzenergie pro Flächeneinheit ist und ΔA die Änderung der Grenzfläche während des Wachstums darstellt.

Wachstumsdynamik

Die Kinetik des Kornwachstums wird von der Grenzbeweglichkeit (M) kontrolliert, die von der Temperatur und den Grenzmerkmalen abhängt, sowie von der treibenden Kraft, die sich aus der Grenzkrümmung ableitet. Das klassische Gesetz des Kornwachstums wird ausgedrückt als:

D^n - D_0^n = K * t

wobei:

  • D der durchschnittliche Korndurchmesser zur Zeit t ist,
  • D_0 die anfängliche Korngröße ist,
  • n der Exponent des Kornwachstums (oft 2) ist,
  • K eine temperaturabhängige Geschwindigkeitskonstante ist, die dem Arrhenius-Verhalten folgt:

K = K_0 * exp(-Q / RT)

mit:

  • K_0 als präexponentieller Faktor,
  • Q als Aktivierungsenergie,
  • R als universelle Gaskonstante,
  • T als absolute Temperatur.

Die Rate des Kornwachstums beschleunigt sich mit steigender Temperatur, da die Grenzbeweglichkeit exponentiell zunimmt. Der Prozess wird auch von der Anwesenheit von Legierungselementen, Sekundärphasenpartikeln und Verunreinigungen beeinflusst, die Grenzen festhalten und das Wachstum hemmen können.

Beeinflussende Faktoren

Legierungselemente wie Kohlenstoff, Mangan oder Mikrolegierungszusätze wie Niob oder Vanadium können entweder das Kornwachstum fördern oder hemmen. Zum Beispiel können während der Wärmebehandlung gebildete Ausscheidungen Korngrenzen festhalten, wodurch die Beweglichkeit verringert und das Wachstum begrenzt wird.

Verarbeitungsparameter wie Temperatur, Haltezeit und Abkühlgeschwindigkeit sind entscheidend. Höhere Temperaturen und längere Zeiten fördern größere Körner, während schnelles Abkühlen Mikrostrukturen mit feineren Körnern einfrieren kann. Vorhandene Mikrostrukturen, einschließlich Versetzungsdichte und vorhandener Korngröße, beeinflussen das anschließende Kornwachstumsverhalten.

Mathematische Modelle und quantitativ Beziehungen

Wichtige Gleichungen

Die grundlegende Gleichung, die das Kornwachstum beschreibt, lautet:

D^n - D_0^n = K * t

wobei die Variablen wie zuvor definiert sind. Für typisches normales Kornwachstum in Stählen gilt n ≈ 2, was die Beziehung vereinfacht zu:

D^2 = D_0^2 + K * t

Die Geschwindigkeitskonstante K folgt dem Arrhenius-Abhängigkeit:

K = K_0 * exp(-Q / RT)

wobei:

  • K_0 eine materialspezifische Konstante ist,
  • Q die Aktivierungsenergie für die Grenzmigration ist,
  • R die Gaskonstante ist,
  • T die absolute Temperatur ist.

Diese Gleichung ermöglicht die Vorhersage der Korngröße im Laufe der Zeit bei gegebenen Temperaturen, was entscheidend für die Prozesskontrolle ist.

Prädiktive Modelle

Computermodellierungsansätze wie phasenfeldbasierte Simulationen, Monte-Carlo-Methoden und zelluläre Automaten werden verwendet, um die mikrostrukturelle Evolution, einschließlich des Kornwachstums, vorherzusagen. Diese Modelle integrieren thermodynamische Daten, Grenzbeweglichkeit und Pinneffekte, um realistische Szenarien zu simulieren.

Die Finite-Elemente-Analyse (FEA) in Verbindung mit mikrostrukturellen Modellen ermöglicht eine Prozessoptimierung, indem sie die Kornverteilung nach bestimmten Wärmebehandlungen vorhersagt. Ansätze des maschinellen Lernens entstehen, um Vorhersagen basierend auf großen Datensätzen experimenteller Ergebnisse zu verfeinern.

Die Einschränkungen der aktuellen Modelle beinhalten Annahmen über isotrope Grenzbeweglichkeit und die Vernachlässigung komplexer Wechselwirkungen mit sekundären Phasen oder Ausscheidungen. Ihre Genauigkeit hängt von präzisen Eingangsparametern und Validierung gegen experimentelle Daten ab.

Quantitative Analysemethoden

Die quantitative Metallographie umfasst die Messung von Korngrößen unter Verwendung von Techniken wie der Schnittmethode, der planimetrischen Methode oder der computerunterstützten Bildanalyse. Software wie ImageJ, MATLAB oder spezialisierte metallographische Tools erleichtern die automatisierte Grenzenerkennung und Größenverteilungsanalyse.

Statistische Analysen liefern Parameter wie Durchschnitts-Korngröße, Standardabweichung und Verteilungsschiefe. Diese Metriken helfen, die mikrostrukturelle Homogenität zu bewerten und mechanischen Eigenschaften vorherzusagen.

Fortgeschrittene Techniken wie Elektronenrückstreu-Diffraction (EBSD) bieten kristallografische Orientierungsänderungen, die eine detaillierte Analyse der Grenzcharakterverteilung und Fehlorientierungswinkel ermöglichen. Die digitale Bildverarbeitung erhöht die Genauigkeit und Wiederholbarkeit in der mikrostrukturellen Charakterisierung.

Charakterisierungstechniken

Mikroskopiemethoden

Die optische Mikroskopie, nach ordnungsgemäßer Probenvorbereitung, die Schleifen, Polieren und Ätzen umfasst, zeigt Korngrenzen als Kontrastunterschiede. Ätzmittel wie Nital oder Picral attackieren selektiv Grenzregionen und heben die Kornstruktur hervor.

Die Rasterelektronenmikroskopie (REM) bietet höhere Auflösung und Tiefenschärfe, die detaillierte Grenzanalyse ermöglicht. Die Elektronenrückstreudiagramm (EBSD) in REM liefert kristallografische Orientierungsdaten, die die Charakterisierung von Korngrenzen und die Größenmessung erleichtern.

Die Transmissionselektronenmikroskopie (TEM) kann Grenzstrukturen mit atomarer Auflösung visualisieren und zeigt Grenzfacettierung, Segregation oder Ausscheidungswechselwirkungen, die die Grenzbeweglichkeit beeinflussen.

Diffractionstechniken

Die Röntgendiffraktion (XRD) identifiziert Phasenzusammensetzungen und kann die durchschnittliche Korngröße über die Analyse der Peakverbreiterung mithilfe der Scherrer-Gleichung schätzen:

D = (K * λ) / (β * cosθ)

wobei:

  • D die durchschnittliche Korngröße ist,
  • K ein Formfaktor (~0,9) ist,
  • λ die Wellenlänge der Röntgenstrahlen ist,
  • β die volle Breite bei halber Höhe (FWHM) des Diffraktionspeaks ist,
  • θ der Bragg-Winkel ist.

Die Elektronendiffraktion in TEM liefert detaillierte kristallografische Informationen, einschließlich Orientierungsbeziehungen und Grenzcharakter.

Neutronendiffraktion kann die Volumemikrostruktur erkunden, insbesondere in dicken oder opaken Proben, und ergänzt die Daten von XRD und Elektronendiffraktion.

Fortgeschrittene Charakterisierung

Die hochauflösende TEM (HRTEM) ermöglicht die atomare Bildgebung von Korngrenzen und zeigt Segregation oder Verunreinigungseffekte. 3D-Charkterisierungstechniken wie serielle Schnitte, kombiniert mit EBSD oder fokussierten Ionenstrahl (FIB) Tomographie, rekonstruieren die dreidimensionale Kornarchitektur.

In-situ-Heizversuche in TEM oder REM ermöglichen die Echtzeitbeobachtung der Migration von Korngrenzen und bieten Einblicke in kinetische Mechanismen und Grenzwechselwirkungen unter kontrollierten thermischen Bedingungen.

Einfluss auf die Stahleigenschaften

Betroffene Eigenschaft Art des Einflusses Quantitative Beziehung Kontrollfaktoren
Festigkeit Umgekehrt proportional zur Korngröße (Hall-Petch) σ_y = σ_0 + k_y / √D Korngröße D, Grenzcharakter, Legierungselemente
Zähigkeit Erhöht sich mit größeren Körnern Bruchzähigkeit K_IC ∝ D^0.5 Korngröße D, mikrostrukturelle Homogenität
Duktilität Verbessert sich mit größeren Körnern Elongation ∝ D Korngröße D, Vorhandensein von Sekundärphasen
Magnetische Eigenschaften Größere Körner verringern die Koerzitivkraft H_c ∝ 1 / D Korngröße D, Grenzreinheit

Die Hall-Petch-Beziehung zeigt, dass kleinere Körner den Stahl stärken, indem sie die Versetzungsbewegung an den Korngrenzen behindern. Umgekehrt kann übermäßiges Kornwachstum die Festigkeit verringern, aber Duktilität und Zähigkeit erhöhen. Die Kontrolle der Korngröße durch Wärmebehandlung ist somit entscheidend für die maßgeschneiderte Eigenschaften.

Interaktion mit anderen mikrostrukturellen Merkmalen

Ko-existierende Phasen

Korngrenzen koexistieren oft mit Phasen wie Karbiden, Nitriden oder Oxideinschlüssen. Diese Sekundärphasen können Grenzen festhalten und das Kornwachstum hemmen – ein Phänomen, das als Zener-Pinning bekannt ist.

Die Bildung von Ausscheidungen an Korngrenzen kann entweder die Mikrostruktur stabilisieren oder abnormales Kornwachstum fördern, wenn sie sich während thermischer Behandlungen koaleszieren oder auflösen.

Transformationsbeziehungen

Kornwachstum erfolgt oft nach Phasenübergängen, wie dem Wechsel von Austenit zu Ferrit oder der Martensitvergütung. Zum Beispiel vergrößern sich während der Rekristallisation die austenitischen Körner, was die folgenden Phasenübergänge und mechanischen Eigenschaften beeinflusst.

Metastabile Phasen, wie verbliebener Austenit, können die Beweglichkeit der Korngrenzen beeinflussen, indem sie entweder die Mikrostruktur stabilisieren oder destabilisieren, abhängig von ihrer Verteilung und Stabilität.

Kompositeffekte

In multikristallinem Stahl beeinflusst das Kornwachstum den Lastentransfer und das gesamte Kompositverhalten. Feinkörnige ferritisch-perlitische Stähle zeigen hohe Festigkeit und Zähigkeit, während grobe Körner zu verringerter Festigkeit, aber verbesserter Duktilität führen können.

Das Volumenverhältnis und die Verteilung der Körner beeinflussen Eigenschaften wie Ermüdungsbeständigkeit und Abriebverhalten, wobei kontrolliertes Kornwachstum die Leistung optimiert.

Kontrolle in der Stahlverarbeitung

Zusammensetzungssteuerung

Legierungselemente wie Kohlenstoff, Mangan und Mikrolegierungszusätze (z. B. Nb, V, Ti) beeinflussen das Kornwachstum. Zum Beispiel können mikrolegierte Ausscheidungen die Grenzen effektiv festhalten und das Wachstum während der Hochtemperaturbehandlungen begrenzen.

Kritische Zusammensetzungsbereiche werden festgelegt, um Festigkeit, Zähigkeit und Schweißbarkeit auszubalancieren. Übermäßige Kohlenstoff oder Verunreinigungen können abnormales Kornwachstum oder Sprödigkeit der Korngrenzen fördern.

Thermische Verarbeitung

Wärmebehandlungsprotokolle wie Rekristallisation, Normalisieren oder Vergüten sind darauf ausgelegt, die Korngröße zu steuern. Präzise Temperaturkontrolle innerhalb des kritischen Bereichs (z. B. 800–950 °C für Normalisierung) gewährleistet ein gleichmäßiges Kornwachstum.

Abkühlraten beeinflussen die Grenzbeweglichkeit; eine schnelle Abschreckung kann feine Körner erhalten, während langsame Abkühlung kontrolliertes Grobkornwachstum ermöglicht. Isothermale Haltezeiten bei bestimmten Temperaturen ermöglichen gezielte Korngrößen.

Mechanische Verarbeitung

Verformungsprozesse wie Walzen, Schmieden oder Extrudieren führen zu Verzerrungen und gespeichertem Energie, die entweder Rekristallisation und Kornverfeinerung fördern oder abnormales Kornwachstum erleichtern können, wenn sie nicht richtig kontrolliert werden.

Die straininduzierte Grenzmigration während der Verformung kann die Korngröße modifizieren, insbesondere wenn sie mit nachfolgenden Wärmebehandlungen kombiniert wird. Erholung und Rekristallisation interagieren mit den Mechanismen des Kornwachstums.

Prozessdesignstrategien

Das industrielle Prozessdesign integriert Sensoren und Echtzeitüberwachung (z. B. thermoelemente, optische Systeme), um optimale Temperaturprofile aufrechtzuerhalten. Kontrollierte Atmosphären verhindern Oxidation oder Verunreinigungen, die die Grenzbeweglichkeit beeinflussen könnten.

Nachverarbeitende Wärmebehandlungen sind so gestaltet, dass sie gewünschte Korngrößen erreichen, die durch metallografische Untersuchungen verifiziert werden. Qualitätssicherung umfasst routinemäßige mikrostrukturelle Analysen, um sicherzustellen, dass die mikrostrukturellen Ziele erreicht werden.

Industrielle Relevanz und Anwendungen

Schlüsselstahlgüten

Die Kontrolle des Kornwachstums ist entscheidend in Hochfestigkeiten legierten Stählen (HSLA), fortschrittlichen hochfesten Stählen (AHSS) und Strukturstählen. Feinkörnige Mikrostrukturen verbessern das Verhältnis von Festigkeit zu Gewicht, Schweißbarkeit und Zähigkeit.

In Transformatorstählen reduziert kontrolliertes Kornwachstum die Koerzitivkraft und verbessert die magnetische Leistung. In Werkzeugstählen beeinflusst die Korngröße die Abriebfestigkeit und Zähigkeit.

Anwendungsbeispiele

In Automobilkarosseriestrukturen verbessert optimierte Korngröße die Crashsicherheit und Lebensdauer unter Ermüdung. In Druckbehältern und Rohrleitungen verbessert Kornverfeinerung die Zähigkeit und verringert das Risiko von sprödem Bruch.

Fallstudien zeigen, dass mikrostrukturelles Engineering – wie thermomechanische Verarbeitung – gezielte Korngrößen erreicht und somit überlegene mechanische Leistungen und längere Lebensdauer erzielt.

Ökonomische Überlegungen

Die Kontrolle des Kornwachstums umfasst zusätzliche Verarbeitungsschritte wie Legierung, präzise Wärmebehandlungen und schnelles Abkühlen, was Kosten verursacht. Diese Investitionen resultieren jedoch oft in hochwertigen Produkten mit besserer Leistung und längerer Lebensdauer.

Mikrostrukturelle Optimierung kann den Materialverbrauch reduzieren, indem sie hochfeste Stähle ermöglicht, was zu Kosteneinsparungen führt. Die Balance zwischen Verarbeitungskosten und Nutzen ist entscheidend für die wirtschaftliche Rentabilität.

Historische Entwicklung des Verständnisses

Entdeckung und erste Charakterisierung

Das Konzept des Kornwachstums entstand zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit metallografischen Studien, die mikrostrukturelles Grobkornwachstum während der Rekristallisation enthüllten. Erste Beobachtungen verknüpften die Korngröße mit der Dauer und Temperatur der Wärmebehandlung.

Fortschritte in der Mikroskopie, insbesondere in der optischen und Elektronenmikroskopie, ermöglichten eine detaillierte Visualisierung der Grenzmigration und Koaleszenz, was das Verständnis des Phänomens verfeinerte.

Terminologie-Entwicklung

Ursprünglich als "Kornvergröberung" beschrieben, wurde der Begriff "Kornwachstum" in der metallurgischen Literatur standardisiert. Die Klassifizierung in normales und abnormales Kornwachstum wurde basierend auf der mikrostrukturellen Homogenität etabliert.

Standardisierte Terminologie unterscheidet jetzt zwischen kontrolliertem Kornwachstum, abnormalem Wachstum und sekundärer Rekristallisation, was eine klare Kommunikation über Fachbereiche hinweg erleichtert.

Entwicklung des konzeptionellen Rahmens

Theoretische Modelle, wie das klassische Hillert-Modell, boten eine quantitative Basis für das Kornwachstum, indem sie Thermodynamik und Kinetik integrierten. Die Entwicklung von Phasenfeld- und computergestützten Modellen verfeinerte weiter das Verständnis der Mechanismen der Grenzmigration.

Die Forschung hat sich von phänomenologischen Beschreibungen zu prädiktiven Modellen gewandelt, die eine präzise Kontrolle der Korngröße während der Verarbeitung ermöglichen.

Aktuelle Forschungen und zukünftige Richtungen

Forschungsthemen

Aktuelle Untersuchungen konzentrieren sich auf das Verständnis abnormer Kornwachstumsphänomene, insbesondere in komplexen Legierungen und nanostrukturierten Stählen. Die Rolle der Legierungssegregration, der Grenzchemie und der Sekundärphasenpartikel bei der Grenzbeweglichkeit bleibt ein aktives Gebiet.

Ungeklärte Fragen beinhalten die Mechanismen, die das Grenz-Pinning auf atomarer Ebene steuern, und die Entwicklung von ultrafeinen oder nanokristallinen Stählen mit gezieltem Widerstand gegen Kornwachstum.

Fortgeschrittene Stahl-Designs

Neue Stahldesigns nutzen kontrolliertes Kornwachstum, um ultrafeine oder nanostrukturierte Mikrostrukturen zu erreichen, wodurch Festigkeit und Duktilität gleichzeitig verbessert werden. Techniken wie starke plastische Deformation, schnelle Erstarrung und thermomechanische Verarbeitung werden weiter verfeinert.

Mikrostrukturelles Engineering zielt darauf ab, Stähle mit überlegener Ermüdungs-, Bruch- und Korrosionsbeständigkeit zu entwickeln, indem die Korngröße und Grenzmerkmale manipuliert werden.

Berechnungsfortschritte

Multiskalen-Modellierungen, die atomare Simulationen, Phasenfeldmethoden und maschinelles Lernen kombinieren, verbessern die prädiktiven Fähigkeiten für das Kornwachstumsverhalten. Diese Ansätze ermöglichen virtuelle Tests von Prozessparametern, wodurch die experimentellen Kosten gesenkt werden.

AI-gesteuerte Analysen großer Datensätze aus experimentellen Mikrostrukturen können subtile Korrelationen identifizieren und so die Prozessoptimierung und Legierungsdesign für maßgeschneiderte Korngrößenkontrolle leiten.


Dieser umfassende Eintrag bietet ein vertieftes Verständnis des Kornwachstums in Stahl und integriert grundlegende Prinzipien, Charakterisierung, Auswirkungen auf Eigenschaften und industrielle Relevanz, geeignet für fortgeschrittene Anwendungen in der Metallurgie und Materialwissenschaft.

Zurück zum Blog

Hinterlasse einen Kommentar